Thema: Ich, Eintrag 1, 17.07.2003
Wie werde ICH bloss mein "ich" los?
Verstehe ich dich richtig: du möchtest dein ich
loswerden, um es beobachten zu können?
Ist an und für sich eine sehr alte und gut funktionierende
Meditationsmethode (eher psychologisch als spirituell
zu verstehen).
Man shiftet die Identifikation vom Erfahrenden hin
zum neutral Beobachtenden - und hat dadurch die Gelegenheit,
diverse Automatismen innerhalb des "Körper-Verstand-Person-Komplexes"
zu beobachten und durch die Beobachtung aufzulösen.
Nix verkehrt daran.
Er möchte also vielmehr das "ich" beobachten,
um es auflösen zu können (weil danach gibts
ja nix mehr zum beobachten *g*) - und meist lenkt dann
am Ende der Beobachter die Aufmerksamkeit auf sich selbst
und löst sich schlußendlich auch auf - was
bleibt: Nichts! - verbunden mit der Freiheit, alles
sein zu können/dürfen.
Nettes Wortspiel mit ICH und "ich" - du meinst
da wohl das "große" und das "kleine"
ich, wie es der Buddhismus so gerne verwendet.
Im großen ICH erscheint alles Sein - inklusive
aller kleinen "ichs". Und intellektuell hast
du ja schon alles verstanden. Nun möchte dein kleines
"ich" die Erfahrung machen zu verschwinden?
Weil es sich für das große "ICH"
hält ??
Dem ist leider nicht so. Auch hier in der Form von
"Edgar" schreibt dir nur ein "kleines
ich".
Im großen ICH geschieht <Name>,
geschieht dieses Forum, geschieht Edgar, geschieht diese
ganze Existenz. All die kleinen "ichs" sind
dabei "nur" eine MANIFESTATION des EINEN großen
ICHs. - und nicht davon zu trennen !!
<Name>, Edgar und all die "Anderen":
alle das gleiche "ich" - egal ob nun groß
oder klein - die Unterscheidung unwesentlich.
Natürlich kann man die "Erfahrung der Abwesenheit
des ichs" machen - wenn es denn sein soll - und
ist es doch auch nur eine Erfahrung. Eine sehr zweifelhafte
noch dazu, führt sie doch zu vielen Mißverständnissen.
Natürlich kann das kleine "ich" wahlweise
mit einem aktiven Tuenden identifiziert sein, oder mit
einem passiven Beobachter des Geschehens. Beides ist
das Selbe "iCh" und beides ebenso nur eine
"Erfahrung".
Und natürlich ist dein Rückschluß richtig,
dass du tun kannst, soviel du willst, das in Bezug auf
"Erleuchtung" nichts richtig, aber auch nichts
falsch getan werden kann.
Aber drehen wir den Spieß mal um: Meine Frage
an Dich: Was erhoffst du dir von der Auflösung
des individuellen Ich-Bewusstseins, von der Auflösung
der Person?? Wo drückt der Schuh ?? Woher der Wunsch
nach spirituellem Suizid ?
Nun mal "technisch" gesprochen: Den Handelnden
aufzugeben erfolgt über nicht-mehr-tun. Das ist
nicht das Selbe wie nichts tun, sondern das ist die
Aufgabe eines jeden Wunsches der mit einem Ergebnis
einer bestimmten Tat verbunden wäre. Somit auch
des Wunsches nach "Erleuchtung". Ein schönes
Paradox, aus dem es kein Entkommen gibt.
Solltest du in der Lage sein, in diesen Zustand des
Nicht-Tuns und Nicht-Wünschens eintreten zu können,
wirst du am Ende erkennen, daß dein vorheriger
Zustand des Tun und Wünschens vollkommen normal
und OKAY war - und genauso "erleuchtet" wie
dein neu-erlangtes Bewusstsein der Abwesenheit einer
Persönlichkeit. Und nach langem Irrweg wirst du
diese Persönlichkeit wiederfinden - versteckt im
passiven Beobachter. Nur ein kleiner Shift von A nach
B.
Und am Ende wird (hoffentlich) alles so sein wie zuvor.
Warum also nicht gleich erkennen, daß du DAS schon
bist ??? Das nichts verändert werden muß.
Das <Name> bereits DA ist - und es nichts
zu verbessern gibt.
Wenn du für einen kurzen Moment die Augen schließt,
still bist, wo ist <Name> dann?? Wenn du
kurz nach Innen gehst, auf die Suche nach <Name>
- wo kannst du ihn finden? Ist er nicht von Anfang an
ein Produkt deiner Phantasie? Wenn du alle Konzepte
von ICHs, ichs, Ego, Mind, Person, Identität vergisst
- was bleibt? Was bleibt in dieser Stille? Und ist diese
Stille jemals unterbrechbar ?? Kann diese Stille verschwinden?