Thema: Edgar, Eintrag 5, 20.06.2004
Wie lebst du denn (erleuchtet oder nicht) deinen
ganz konkreten, profanen, beruflichen, privaten Alltag?
Von Satsang, Kundalini-Energie, Meditation alleine können
doch die wenigsten ihren Körper am Leben erhalten
oder? Bin ich so verstrickt mit z.B. dem Problem "wie
verdiene ich morgen meine Brötchen"weil ich
so unerleuchtet bin?
Ich glaube, generell kann man wohl kaum sagen, dass
auch nur zwei hier den gleichen Alltag erfahren. Das
war immer unterschiedlich und wird immer unterschiedlich
sein. Es gibt ja die schönen Sprüche: "Vor
Erleuchtung: Holz hacken und Wasser holen, nach der
Erleuchtung: Holz hacken und Wasser holen" und
"After Enlightenment: Clean the Laundry".
Kann mich da nur anschließen.
Im Alltag hat sich gar nichts geändert, ich war
schon früher ein selbständiger Programmierer,
und bin das auch jetzt wieder. Kann mir also meine Zeit
sehr frei einteilen und arbeite sehr wenig, einfach,
weil ich auch sehr wenig brauche. Ich könnte sicherlich
viel mehr arbeiten, wenn ich wollte. Wenn es mir Spass
macht, tue ich das auch. Aber all das hab ich früher
auch gemacht. Mit hat meine Arbeit immer schon sehr
viel Spass bereitet - war immer schon mehr freudvoll-kreatives-tun
als wirklich das, was manche Leute "Arbeit"
nennen. Glück gehabt, würde ich dazu sagen
(zumindest bisher). Und mit Erleuchtung hat das nix
zu tun.
Was jedenfalls NICHT funktioniert hat, war aus meiner
Erfahrung ein "Business" zu machen. Bin einfach
nicht der Typ dafür. Ich hab vorher keine Seminare
gegeben, und so bin ich eben auch nicht der Typ, der
da jedes Wochenende irgendwelche Hallen füllt und
davon leben könnte. Auch das Buchschreiben brachte
mir keine wirklich erwähnenswerte Zusatzeinkunft
(dazu ist mein "normaler Stundensatz" einfach
viel zu hoch). Und so betreibe ich dieses Forum,
ganz in der Art eines Programmierers (*g*), und hoffe,
daß es sich irgendwann selber trägt.
Bei anderen war das im Prinzip genau so. Osho war jahrelang
Philosophieprofessor und führte lange Vorträge
und Monologe vor einer großen Zuhörerschaft.
Das machte er dann nachher genauso (gut, er hatte seine
'Erfahrung' ja eigentlich schon am Beginn des Studiums).
Nisargadatta war Biddi-Verkäufer (indische Naturzigaretten),
auch das machte er nachher genauso. Balsekar war bis
zur Pensionierung Bankbeamter (eigentlich Generaldirektor),
auch daran änderte sich nichts. Die Liste ließe
sich unendlich fortsetzen.
Satyam Nadeen hat geschrieben: "Wenn dir jemand
100.000 Dollar bietet, oder Erleuchtung, nimm das Geld
und lauf so schnell du kannst" - weil dann zumindest
noch jemand da ist, der sich am Geld erfreuen könnte.
Also: Kein wirklich Unterschied so rein äußerlich
betrachtet.
Jetzt könnte man fragen: "Was bringts dann"
?? - Was bringt Musik? Was bringt Lesen? Was bringt
Liebe? Was bringt Kunst ?? Nicht alles, das etwas 'bringt',
bringt Geld (*g*) - in unserer Zivilisation dreht sich
zwar vieles um Geld, und manchmal werden die Dinge überhaupt
nur in Bezug auf ihren finanziellen Wert betrachtet,
aber tiefe Zufriedenheit ist nicht unbedingt kaufbar.
Vor allem nicht jene Art von Zufriedenheit, die einen
fast völlig unabhängig von äußeren
Geschehnissen macht - die einfach da ist, völlig
ohne Grund. Das macht das Leben, und auch jeden Beruf,
zu einem Spiel. Zu einem Spiel, das man nicht mehr 'gewinnen'
muß.