Thema: Advaita, Eintrag 4,
27.05.2004
In der Advaita-Lehre geht es ja darum, sich nicht
mehr mit dem Handelnden zu identifizieren. Das klappt
bei mir allerdings nur bedingt.
Nun, wie ich das damals wohl meinte, war damit weniger
eine Nicht-Identifikation mit dem Handelnden gemeint
(dann wär's ja noch nicht mal ein wirkliches 'Tun',
eher ein 'geschehen lassen', ein 'erlauben'), sondern
der ('idendifizierte') Handelnde handelt dann, ohne
dass eben das Ziel der Handlung im Vordergrund steht,
sondern die Freude am handeln selbst.
Und nichtmal diese Freude muss da sein; oft reicht
es (und so meinte ich es ursprünglich oben), wenn
eine grundsätzliche Freude schon vor dem Handeln
da ist, eine Freude am Sein-an-sich, oder einfach eben
eine Zufriedenheit-ohne-Grund, und diese Zufriedenheit
wird dann durch etwaige Handlungen einfach nicht ...
'gestört'.
Man könnte auch sagen, man macht (und nun kommt
der 'Trick') eben kaum mehr Dinge, die den Frieden stören.
Irgendwann stören dann immer weniger Dinge diesen
Frieden. Irgendwann wird er 'gewohnt', auch in der Handlung,
fast egal, welche. Man unterlässt also alle Handlungen,
die nach Kampf riechen. Man wird, Satyam Nadeen sagte
das mal, in seinen Handlungen "harmlos" (anderen
gegenüber). Man kämpft weder gegen Gott, noch
gegen das Schicksal. Es wird zum "Verbündeten".
Dann wird die Handlung zum Tanz, ohne Mühen.
Oder man handelt insoweit ohne Ziel, daß man
nur mehr Dinge tut, die offensichtlich getan werden
müssen, offensichtlich getan werden wollen, man
folgt sozusagen einer offensichtlichen Einladung zur
Handlung. Das ist dann eher ein Dienst am Ganzen. Jemand
muss es tun, man springt ein, weil man zum richtigen
Zeitpunkt am richtigen Ort ist und Gelegenheit dazu
hat. Ohne irgendetwas zu erzwingen. Man tut eben das
Offensichtliche.
Solcherart Handlung verlangt nicht nach Belohnung.
Sie ist fast ein Gebet, aber nicht mal ein Gebet, eher
eine Selbstverständlichkeit. Eine Erlaubnis, eine
Einladung; das Geschenk, als Werkzeug benutzt zu werden.
Das gibt bisweilen dem eigenen Leben, wenn auch nur
momentan, einen gewissen "Sinn im Ganzen".
Birgt natürlich aber auch die Gefahr, eines subtilen
Egos "Mann bin ich heute wieder gut".
Jedenfalls, wenn eine innere Zufriedenheit unabhängig
vom "Außen" da ist, ist man frei zu
handeln, ohne einen Gewinn aus der Handlung erreichen
zu müssen. Ist diese Zufriedenheit nicht da, wird
man wohl oder übel alle Handlungen als Business
betrachten - alle Handlungen haben dann ein Ziel, meist
das Ziel "irgendetwas zu verbessern", meist
persönlich, meist das eigene sich-glücklich-und-zufrieden-fühlen
(erzeugen wollend).
Natürlich ist dies keine Aufforderung zum handeln.
Wenn Zufriedenheit da ist, und nur aufrechterhalten
werden kann durch Nicht-Handeln, dann ist Nicht-Handeln
der Weg (zumindest auf Zeit). Diese Zufriedenheit hat
aber den Beigeschmack von Bedingung.
Und dann gibt es natürlich jenes Handeln, in dem
das Handeln zur Meditation wird. Die Handlung bleibt,
der Handelnde verschwindet. Aber nicht als Beobachter,
sondern er geht in der Handlung voll und ganz auf. Ich
glaube, das wird auch in manchen Zen-Schulen so interpretiert
und angestrebt.